Urteil vom 30. August
2005 VII R 1/00
1.
Eine --nicht aus zoll- oder beförderungstechnischen Gründen bedingte--
auch nur zeitweilige Entfernung des Versandscheins von der Ware führt im
externen gemeinschaftlichen Versandverfahren zu einem Entziehen der Ware aus der
zollamtlichen Überwachung und begründet folglich die Abgabenschuld
(Anschluss an das EuGH-Urteil vom 29. April 2004
Rs. C-222/01).
2.
Die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 1 TabStG 1980, wonach die
Tabaksteuerschuld infolge der Nichtverweisung auf die zollrechtlichen
Vorschriften über das Erlöschen der Zollschuld bei einer Einziehung
der tabaksteuerpflichtigen Ware nicht erlosch, verstieß nicht gegen den
allgemeinen Gleichheitssatz, sondern war durch sachgerechte Gründe
gerechtfertigt.
3.
Geht eine Zuwiderhandlung gegen das gemeinschaftliche Versandverfahren auf das
Verhalten eines als verdeckter Ermittler auftretenden Zollfahndungsbeamten
zurück (sog. "agent provocateur"), liegt darin ein besonderer Umstand, der
zum Erlass/zur Erstattung der dadurch hervorgerufenen Abgabenschuld führen
kann (Anschluss an das EuGH-Urteil vom 29. April 2004
Rs. C-222/01).
4.
Dem Anspruch auf Erlass/Erstattung des Hauptverpflichteten eines
gemeinschaftlichen Versandverfahrens nach Art. 13 VO Nr. 1430/79
steht das Verschulden von Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner
zollrechtlichen Pflichten aus dem Versandverfahren bedient hat, nicht entgegen.
Schädlich ist nur eigenes Verschulden in Form von betrügerischer
Absicht oder offensichtlicher Fahrlässigkeit (Änderung der
Rechtsprechung im Anschluss an das EuGH-Urteil vom 29. April 2004 Rs.
C-222/01).