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Urteil vom 18. März 2009
I R 37/08
Die Rückausnahme des § 8b
Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG 1999/2002 in den Fassungen des
Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes und des sog. Korb II-Gesetzes setzt
voraus, dass weder die in Halbsatz 1 definierten negativen
Tatbestandsmerkmale noch das in Halbsatz 2 definierte negative
Tatbestandsmerkmal vorliegen. Letzteres umfasst auch den Fall, dass die durch
einen nicht von § 8b Abs. 2 KStG 1999/2002 begünstigten
Steuerpflichtigen eingebrachte Beteiligung im Rahmen einer Bargründung
entstanden ist. Die Regelungen sind nicht wegen Verstoßes gegen das Gebot
der Normenklarheit verfassungswidrig.
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Beschluss vom 31. Mai 2007
V E 2/06
Die
Regelung in § 52 Abs. 4 GKG, wonach in Verfahren vor den
Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Streitwert nicht unter
1 000 € angenommen werden darf (sog. Mindeststreitwert),
unterliegt grundsätzlich keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen
Bedenken.
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Beschluss vom 22. Dezember
2006 VII B 121/06
1.
Kontrollbesuche der Steuerfahndung in Räumlichkeiten, die an Prostituierte
zur Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit vermietet worden sind, sind
grundsätzlich --in angemessener und zumutbarer Häufigkeit-- zur
Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle i.S. des § 208
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO 1977 hinreichend veranlasst. Der
mögliche (Neben-)Effekt, die Prostituierten zu veranlassen, ihre
steuerlichen Pflichten zu erfüllen bzw. am "Düsseldorfer Verfahren"
teilzunehmen, ist mit dem Ermittlungsauftrag der Steuerfahndung nicht
unvereinbar.
2. Der
Vermieter kann sich gegenüber den Kontrollbesuchen nicht auf ein
Abwehrrecht als Inhaber des Hausrechts an den vermieteten Räumen bzw. an
den gemeinschaftlich zu nutzenden Bereichen berufen, da die Kontrollbesuche bei
den Mieterinnen selbst nicht als "Eingriffe und Beschränkungen" i.S. des
Art. 13 Abs. 7 GG zu qualifizieren
sind.
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Urteil vom 5. Oktober
2006 VII R 24/03
1.
Einen verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch hinsichtlich der Besteuerung
eines Konkurrenten hat ein Steuerpflichtiger unbeschadet des Steuergeheimnisses
dann, wenn er substantiiert und glaubhaft darlegt, durch eine aufgrund von
Tatsachen zu vermutende oder zumindest nicht mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit auszuschließende unzutreffende Besteuerung eines
Konkurrenten konkret feststellbare, durch Tatsachen belegte Wettbewerbsnachteile
zu erleiden und gegen die Steuerbehörde mit Aussicht auf Erfolg ein
subjektives öffentliches Recht auf steuerlichen Drittschutz geltend machen
zu können.
2.
Die Auskunft darf erteilt werden, wenn die Konkurrentenklage nicht
offensichtlich unzulässig wäre; die Auskunftserteilung setzt nicht die
Feststellung voraus, dass dem Auskunftsantragsteller die von ihm behaupteten
Rechte, die er auf der Grundlage der ihm erteilten Auskunft verfolgen
möchte, tatsächlich zustehen.
3. Der in
Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG
enthaltene Grundsatz der steuerlichen Neutralität kann von einem
Steuerpflichtigen im Wege der Konkurrentenklage geltend gemacht werden, wenn
Einrichtungen des öffentlichen Rechts für die Tätigkeiten oder
Leistungen, die sie im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausüben oder
erbringen, als Nichtsteuerpflichtige behandelt werden und dies zu
größeren Wettbewerbsverzerrungen führt (Anschluss an das
EuGH-Urteil vom 8. Juni 2006
Rs. C-430/04).
4.
Es kommt ernstlich in Betracht, § 2 Abs. 3 UStG
drittschützende Wirkung beizulegen.
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Beschluss vom 13. Oktober
2005 IV S 10/05
1.
Durch die Schaffung und Reglementierung der Anhörungsrüge in allen
Verfahrensordnungen zum 1. Januar 2005 sollte das Institut der
Gegenvorstellung nicht ausgeschlossen werden. Wird also mit einer entsprechenden
Eingabe nicht die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend
gemacht, ist diese Eingabe weiterhin als Gegenvorstellung im herkömmlichen
Sinne zu werten (Beseitigung der im BFH-Beschluss vom 8. September 2005
IV B 42/05, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt,
geäußerten Zweifel).
2. Mangels einer
besonderen Rechtsgrundlage ist die Gegenvorstellung ab 1. Januar 2005
unmittelbar auf Art. 19 Abs. 4 GG zu stützen. Sie ist damit weder
fristgebunden noch kostenpflichtig.
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Beschluss vom
30. November 2004 IX B 120/04
Bei
der im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3
FGO gebotenen summarischen Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit eines für den Veranlagungszeitraum 1999
ergangenen Steuerbescheides, mit dem das Finanzamt einen Gewinn aus privaten
Veräußerungsgeschäften gemäß § 23
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der Besteuerung
unterwirft.
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Beschluss vom
22. Dezember 2003 IX B 177/02
Die
Aufhebung der Vollziehung eines Steuerbescheides erscheint dann zur Abwendung
wesentlicher Nachteile i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 8
Halbsatz 2, Abs. 3 Satz 4 FGO nötig, wenn das
zuständige Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer streitentscheidenden
Vorschrift überzeugt ist und diese deshalb gemäß Art. 100
Abs. 1 GG dem BVerfG zur Prüfung vorgelegt
hat.
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Urteil vom 29. Juli 2003
VII R 66/02
1.
Art. 36 Abs. 2 VO Nr. 515/97 gilt auch für die Erteilung
einer Auskunft darüber, ob eine natürliche oder juristische Person
oder eine Personenmehrheit in der auf Grund der VO Nr. 1469/95
geführten "schwarzen Liste" eingetragen
ist.
2. Bei
verstärkten Kontrollen der Geschäfte des Marktbeteiligten nach
Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a VO Nr. 1469/95, die
wegen einer Eintragung in die auf Grund der VO Nr. 1469/95 geführten
"schwarzen Liste" durchgeführt werden, handelt es sich um Maßnahmen
zur Feststellung und Unterrichtung i.S. des Art. 36 Abs. 2
Unterabs. 2 VO Nr. 515/97. Eine Eintragung in die "schwarze Liste"
stellt eine verdeckte Registrierung des Marktbeteiligten i.S. des Art. 36
Abs. 2 Unterabs. 2 VO Nr. 515/97
dar.
3. Nach
Art. 36 Abs. 2 Unterabs. 2 VO Nr. 515/97 ist eine
Auskunftserteilung zu versagen, die sich nur auf den dort angesprochenen
Zeitraum der Durchführung von Maßnahmen zum Zweck der Feststellung
und Unterrichtung oder der verdeckten Registrierung beziehen
kann.
4. Ein
Marktbeteiligter hat auch nach einzelstaatlichem Recht regelmäßig
keinen Anspruch auf die Erteilung einer Auskunft darüber, ob er in der auf
Grund der VO Nr. 1469/95 geführten "schwarzen Liste" eingetragen ist
und deshalb verstärkte Kontrollen seiner Geschäfte nach Art. 3
Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a VO Nr. 1469/95
durchgeführt werden.
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Beschluss vom 11. Juni 2003
IX B 16/03
Bei
der im Aussetzungsverfahren nach § 69 Abs. 3 FGO gebotenen
summarischen Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheides für das Jahr 1997, mit dem
das FA Einkommensteuer auf Spekulationsgewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren
festgesetzt hat.
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Beschluss vom 4. Juni 2003 VII
B 138/01
1.
Die AO 1977 enthält keine Regelung, nach der ein Anspruch auf Akteneinsicht
im steuerlichen Verwaltungsverfahren besteht. Der Steuerpflichtige hat jedoch
ein Recht darauf, dass die Finanzbehörde über seinen Antrag auf
Gewährung von Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen
entscheidet. Diese Rechtsfragen sind
geklärt.
2. Der
fehlende Anspruch auf Akteneinsicht im außergerichtlichen
Besteuerungsverfahren und eine insoweit der Finanzverwaltung eingeräumte
Ermessensausübung verstoßen nicht gegen verfassungsrechtliche
Grundsätze.
3.
Ein Anspruch auf Akteneinsicht im steuerlichen Ermittlungsverfahren lässt
sich auch nicht aus der Richtlinie 95/46/EG herleiten, die ihre Umsetzung in
innerstaatliches Recht durch das BDSG und entsprechende landesrechtliche
Datenschutzgesetze erfahren hat, weil sowohl die Richtlinie 95/46/EG als auch
die nationalen Datenschutzgesetze den Vorrang einschränkender
bereichsspezifischer Regelungen in Steuerangelegenheiten anerkennen. Die AO 1977
enthält eine in diesem Sinne abschließende Regelung für den
Umgang mit den im Besteuerungsverfahren gespeicherten
Daten.
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Urteil vom 23. August 2001 VII
R 96/00
1.
Es ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar, ob sich die
Prüfungsbehörde an die Maßstäbe gehalten hat, nach denen
erfahrungsgemäß der Ausgleich für eine erhebliche Störung
durch Lärm oder ähnliche äußere Einwirkungen zu bemessen
ist (Aufgabe der bisherigen
Senatsrechtsprechung).
2.
Von einer solchen Störung zu unterscheiden ist aber die
Beeinträchtigung der Prüflinge durch die Art und Weise der
Aufgabenstellung
selbst.
3. Die
Berichtigung der für eine Aufsichtsarbeit gestellten Aufgabe durch die
Prüfungsbehörde noch während der Bearbeitungszeit ist unter
bestimmten Voraussetzungen
zulässig.
4.
Die Prüfungsbehörde hat einen weiten Bewertungsspielraum bei ihrer
Entscheidung über die Frage, welcher Ausgleich in Anbetracht einer für
notwendig gehaltenen Berichtigung des Sachverhalts der Aufgabe einer
Aufsichtsarbeit angemessen ist.
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Beschluss vom 30. Juli 2001
VII B 78/01
1.
Die Abkürzung der Ladungsfrist als solche stellt keinen Verfahrensmangel
dar, auf den eine Nichtzulassungsbescherde mit Aussicht auf Erfolg gestützt
werden könnte. Führt die Abkürzung der Ladungsfrist jedoch dazu,
dass der Beteiligte an dem festgesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung
nicht teilnehmen kann, weil er erst nach Durchführung der mündlichen
Verhandlung davon Kenntnis erhält, kann er mit der auf die Rüge der
Verletzung seines Rechts auf Gehör gestützten
Nichtzulassungsbeschwerde die Aufhebung des ergangenen Urteils und die
Anberaumung einer neuen mündlichen Verhandlung
erreichen.
2. Zu den
Anforderungen an die Schlüssigkeit dieser Gehörsrüge
(1.).