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Urteil vom 19. März 2009 IV R
45/06
1. Im Falle der Betriebsverpachtung ist
grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung so lange von einer Fortführung
des Betriebs auszugehen, wie eine Betriebsaufgabe nicht erklärt worden ist
und die Möglichkeit besteht, den Betrieb fortzuführen.
2. Hat der Steuerpflichtige bei Einstellung der
werbenden Tätigkeit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die
Aufdeckung der stillen Reserven zu vermeiden und den Betrieb fortzuführen,
kann eine spätere Betriebsaufgabe nur dann angenommen werden, wenn sie den
äußeren Umständen nach klar zu erkennen und der Zeitpunkt
eindeutig zu bestimmen ist.
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Urteil vom 20. Januar 2009
IX R 9/07
Bei der Vorauszahlung des gesamten Kaufpreises
fehlt es am erforderlichen Vollzug des Anschaffungsgeschäfts (Kaufvertrag
über den Erwerb eines Grundstücks mit Alt-Gebäude und noch zu
erbringenden Bauleistungen), wenn die Veräußerer den auf ihr Konto
überwiesenen Geldbetrag wegen dessen treuhänderischer Bindung zu
keinem Zeitpunkt zur freien Verfügung erhalten haben.
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Urteil vom 17. Dezember 2008
XI R 23/08
Die Umsätze aus der langfristigen Vermietung
eines Turnhallengebäudes an einen Verein, der steuerfreie Leistungen
ausführt, sind gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1
Buchst. a UStG 1999 steuerfrei, wenn abgesehen von der Überlassung von
Betriebsvorrichtungen keine weiteren Leistungen ausgeführt werden.
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Urteil vom 19. November 2008
III R 105/07
1. Eine Mitursächlichkeit der Behinderung
des Kindes für seine mangelnde Fähigkeit zum Selbstunterhalt
genügt für den Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4
Satz 1 Nr. 3 EStG. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich aber,
dass die Mitursächlichkeit erheblich sein muss.
2. Die Entscheidung, ob eine erhebliche
Mitursächlichkeit vorliegt, hat das FG im Rahmen einer Gesamtwürdigung
aller Umstände des Einzelfalles zu treffen, die vom BFH nur
eingeschränkt überprüfbar ist.
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Urteil vom 19. Juni 2008
VI R 4/05
1. Ob eine Zuwendung des Arbeitgebers an den
Arbeitnehmer durch das Dienstverhältnis veranlasst ist und zu
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führt oder ob sie
aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einer
anderen Einkunftsart oder dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen
ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das
Finanzgericht.
2. Werden einem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber oder
einem Dritten im Hinblick auf das Dienstverhältnis Aktienankaufs- oder
Vorkaufsrechte eingeräumt, fließt dem Arbeitnehmer nicht zum
Zeitpunkt der Rechtseinräumung, sondern erst zum Zeitpunkt des
entgeltlichen Verzichts hierauf ein geldwerter Vorteil zu (Fortführung der
Senatsrechtsprechung in den Senatsurteilen vom 3. Mai 2007
VI R 36/05, BFHE 218, 118, BStBl II 2007, 647; vom 23. Juni 2005
VI R 124/99, BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766; vom 23. Juni 2005
VI R 10/03, BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770).
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Urteil vom 8. Mai 2008
VI R 12/05
Die Entscheidung ist nachträglich zur
Veröffentlichung bestimmt worden.
Fehlt es an einer eindeutigen und zweifelsfreien
Erklärung des wirklich Gewollten in der Rechtsbehelfsschrift, hat das FG
den wirklichen Willen des Steuerpflichtigen durch Auslegung seiner
Erklärung zu ermitteln. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass
der Steuerpflichtige denjenigen Verwaltungsakt anfechten will, der angefochten
werden muss, um zu dem erkennbar angestrebten Erfolg zu kommen.
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Urteil vom 10. Oktober 2007
VII R 49/06
Der Fahrer eines Lastzugs "verbringt" im Sinne
des TabStG Waren in das Steuergebiet und wird folglich Steuerschuldner auch
dann, wenn die Waren ohne sein Wissen in dem Fahrzeug versteckt worden
sind.
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Urteil vom 25. September 2007
VII R 28/06
1. Ob die Voraussetzungen einer
selbständigen Bewirtschaftung für die Milcherzeugung gepachteter
Produktionseinheiten vorliegen, ist aufgrund einer Würdigung des
Gesamtbildes der Verhältnisse zu entscheiden, wobei die Gegebenheiten im
Einzelfall zu gewichten und gegeneinander abzuwägen sind. Sind die
Verhältnisse überwiegend durch Umstände geprägt, die
für eine selbständige Bewirtschaftung von Produktionsmitteln typisch
sind, kann dies rechtfertigen, den Betreffenden als Milcherzeuger anzusehen,
auch wenn andere Merkmale der selbständigen Bewirtschaftung des
Milcherzeugungsbetriebes fehlen.
2. Wer sich darauf beruft, trotz
äußerlich unveränderter tatsächlicher Verhältnisse sei
die Milcherzeugereigenschaft von ihm auf einen Dritten infolge mit diesem
abgeschlossener Verträge übergegangen, muss Existenz und Inhalt dieser
Verträge nachweisen.
3. Es ist zweifelhaft, ob ein Landwirt als
Milcherzeuger angesehen werden kann, der von einem Milcherzeuger dessen Stall
und Herde kurzzeitig pachtet und es diesem überlässt, die
Milchwirtschaft wie in der neben der Pachtzeit verbleibenden Zeit des
Milchwirtschaftsjahres nach seinem Bewirtschaftungskonzept fortzusetzen, ohne
dass das wirtschaftliche Risiko der Milcherzeugung auf jenen Landwirt
übergegangen ist.
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Urteil vom 22. August 2007 II R 44/05
Ein Erstbescheid, der in der unzutreffenden
Annahme der Nichtigkeit eines vorangegangenen nach § 165 AO
vorläufigen Bescheides ergeht, kann gemäß § 128 AO
auch noch im Revisionsverfahren in einen Änderungsbescheid i.S. des
§ 165 Abs. 2 AO umgedeutet werden, sofern die das Revisionsgericht
bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO)
ausreichen, den Beteiligten hierzu rechtliches Gehör gewährt worden
ist und sie in ihrer Rechtsverteidigung hierdurch nicht beeinträchtigt
sind.
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Urteil vom 27. Februar 2007
VII R 60/05
Bei der Ermittlung der Haftungsquote für die
Umsatzsteuer sind die im Haftungszeitraum getilgten Lohnsteuern weder bei den
Gesamtverbindlichkeiten noch bei den geleisteten Zahlungen zu
berücksichtigen.
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Beschluss vom 4. Dezember
2006 VII B 316/05
1.
Der Pächter von der Milcherzeugung dienenden Produktionsmitteln ist
Milcherzeuger, wenn er die gepachteten Produktionsmittel selbständig
bewirtschaftet. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist eine im
Wesentlichen dem Tatrichter vorbehaltene Würdigung der im Einzelfall
festgestellten
Tatsachen.
2. Bei
kurzen Pachtzeiten kann die Annahme einer selbständigen Bewirtschaftung mit
Erfahrungssätzen unvereinbar sein.
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Urteil vom 3. August 2005
I R 85/03
1.
Zur Begründung der Kirchensteuerpflicht durch Glaubensübertritt
(Konversion).
2. An
die Feststellungen des FG zu Bestand und Inhalt innerkirchlicher Bestimmungen
ist der BFH als Revisionsinstanz wie an eine Tatsachenfeststellung gebunden
(§ 155 FGO i.V.m. § 560 ZPO). Die Bindungswirkung
entfällt, soweit die erstinstanzlichen Feststellungen auf einem nur
kursorischen Überblick über die zu behandelnde Materie
beruhen.
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Urteil vom 3. August 2005
I R 94/03
1.
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sind u.a. zu aktivieren, wenn die
für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen gesetzt worden
sind und der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des
Anspruchs fest rechnen
kann.
2. Die
Auslegung von Verträgen obliegt dem FG als Tatsacheninstanz und ist daher
für das Revisionsgericht bindend, wenn sie den Grundsätzen der
§§ 133, 157 BGB entspricht und nicht gegen Denkgesetze und
Erfahrungssätze verstößt.
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Urteil vom 17. Juni 2005
VI R 84/04
1.
Der Erwerb eines Gebrauchtwagens vom Arbeitgeber führt beim Arbeitnehmer
zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn der gezahlte Kaufpreis hinter dem nach
§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bestimmenden Wert des Fahrzeugs
zurückbleibt. Für den danach maßgeblichen üblichen Endpreis
des Fahrzeugs ist nicht auf den Händlereinkaufspreis abzustellen, sondern
auf den Preis, den das Fahrzeug unter Berücksichtigung der vereinbarten
Nebenleistungen auf dem Gebrauchtwagenmarkt tatsächlich erzielen
würde.
2. Wird
zur Bestimmung des üblichen Endpreises eine Schätzung erforderlich,
kann sich die Wertermittlung an den im Rechtsverkehr anerkannten
Marktübersichten für gebrauchte PKW orientieren. Das Ergebnis dieser
Schätzung ist in der Revision nur eingeschränkt
überprüfbar.
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Urteil vom 14. Juni 2005
VII R 17/04
1.
Es bleibt offen, ob bei der Wiedereinfuhr von Ursprungserzeugnissen der
Europäischen Gemeinschaft aus der Tschechischen Republik jedenfalls vor dem
31. Mai 2004 Zollpräferenzen zu gewähren
waren.
2. Die
Neufassung des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK durch die
VO Nr. 2700/2000 kann erst auf Zollschulden angewandt werden, die nach
dem Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens (19. Dezember 2000) entstanden
sind.
3. Zu den
Anforderungen an die tatrichterliche Sachaufklärung und zur Bindungswirkung
tatrichterlicher
Feststellungen.
4.
Ein Antrag auf Zollbefreiung für Rückwaren kann auch noch nach der
Abgabe der Zollanmeldung gestellt werden. Dafür genügt es, wenn sich
der Wille des Beteiligten, die Zollfreiheit für Rückwaren in Anspruch
zu nehmen, aus den Umständen ergibt.
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Urteil vom 17. Mai 2005
VII R 76/04
1.
Eine Bindung des Revisionsgerichts an die tatsächlichen Feststellungen des
FG tritt nicht ein, wenn diesen eine hinreichende Grundlage fehlt, die das
Revisionsgericht in die Lage versetzt nachzuvollziehen, wie das FG zu der seine
Entscheidung tragenden Überzeugung gelangt
ist.
2. Der
Tatrichter kann ausnahmsweise allein aufgrund einer Würdigung des
streitigen Vortrages eines der Beteiligten zu der für seine Entscheidung
erforderlichen Überzeugung vom Vorliegen einer Tatsache gelangen; dann muss
dieser Vortrag aus sich heraus so überzeugend und nahe liegend erscheinen,
dass es der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung
ausnahmsweise gestattet, sich über eine gegenteilige Behauptung eines
anderen Beteiligten
hinwegzusetzen.
3.
Die Vorlage einer privatschriftlichen Bekundung über eine beweiserhebliche
Tatsache, ist keine Beweisführung, sondern Beteiligtenvortrag, und zwar
auch dann, wenn es sich um die Erklärung eines Dritten handelt. Sie stellt
jedenfalls dann keinen zulässigen Urkunds- oder gar Zeugenbeweis dar, wenn
sie an die Stelle einer ohne weiteres möglichen Vernehmung des Ausstellers
der betreffenden Bescheinigung als Zeuge gesetzt
wird.
4. Ein
Verstoß gegen die Vorschriften der RL 91/628/EWG über den Schutz
von Tieren beim Transport hat den Verlust des Anspruches auf Ausfuhrerstattung
zur Folge, ohne dass dies zusätzlich davon abhängig wäre, dass
tatsächliche Feststellungen dazu getroffen werden können, dass das
Wohlbefinden der Tiere während des Transports beeinträchtigt war.
Diese Regelung des Gemeinschaftsrechts verletzt den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
nicht.
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Urteil vom 6. April 2005
I R 15/04
Der
Beurteilung der Angemessenheit von Konzessionsabgaben einer Versorgungs-GmbH an
ihre Trägergemeinde ist der allgemeine Maßstab des Fremdvergleichs
zugrunde zu legen. Jedenfalls während einer Anlaufphase ist die Erzielung
eines vorübergehenden Mindestgewinns nicht
erforderlich.
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Beschluss vom 10. Februar
2005 VI B 113/04
1.
Es ist höchstrichterlich hinreichend geklärt, unter welchen
Voraussetzungen ein anderer Arbeitsplatz für die berufliche Tätigkeit
eines Steuerpflichtigen zur Verfügung
steht.
2. Dabei sind
die tatrichterliche Überzeugungsbildung, die Tatsachen- bzw.
Sachverhaltswürdigung sowie Schlussfolgerungen des FG in tatsächlicher
Art für das Revisionsgericht grundsätzlich
bindend.
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Urteil vom 26. Oktober
2004 IX R 57/02
Bei
einer ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der
übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnung ist die
Einkünfteerzielungsabsicht der Steuerpflichtigen ausnahmsweise anhand einer
Prognose zu überprüfen, wenn das Vermieten die ortsübliche
Vermietungszeit von Ferienwohnungen --ohne dass Vermietungshindernisse gegeben
sind-- erheblich unterschreitet; hiervon ist bei einem Unterschreiten von
mindestens 25 v.H. auszugehen.
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Urteil vom 24. August
2004 VII R 50/02
1.
"Beförderungspapier" i.S. des Art. 18 Abs. 3 der Verordnung (EWG)
Nr. 3665/87 ist nur eine über den den Transport der Ware betreffenden
Frachtvertrag ausgestellte Urkunde, die den ganzen Transportweg abdeckt, nicht
auch ein Dokument, aus dem lediglich hervorgeht, dass die Ware an einen
Frachtführer übergeben worden ist. Eine lediglich von dem
Frachtführer unterzeichnete Übernahmequittung auf dem CMR-Formular
genügt als Nachweis der Beförderung der Erstattungsware zum
Drittlandsempfänger deshalb
nicht.
2. Es bleibt
offen, ob eine etwaige Verletzung sich für das HZA aus § 25 VwVfG
ergebender Verfahrenspflichten dazu führt, dass trotz Fehlens der
gemeinschaftsrechtlich festgelegten Erstattungsvoraussetzungen Ausfuhrerstattung
zu gewähren ist.
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Urteil vom 19. Februar
2004 V R 10/03
1.
Kauft ein Unternehmer von einem Waldbesitzer Holz und beauftragt dieser den
Holzkäufer mit der Fällung, Aufarbeitung und Rückung des Holzes
(sog. Selbstwerbung), kommt sowohl ein tauschähnlicher Umsatz (Waldarbeiten
gegen Lieferung des Holzes mit Baraufgabe) als auch eine bloße
Holzlieferung in
Betracht.
2.
Entscheidend ist, ob nach dem Inhalt der zugrunde liegenden Vereinbarungen der
Unternehmer (Holzkäufer) dem Waldbesitzer mit den vereinbarten Arbeiten
einen in Geld ausdrückbaren Vorteil zuwendet und das Entgelt des
Waldbesitzers in der Holzlieferung (mit Baraufgabe) bestehen soll oder ob die
dem Holzkäufer durch die Waldarbeiten entstehenden Kosten lediglich bei ihm
Gestehungskosten für den Erwerb des Holzes sein
sollen.
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Urteil vom 9. Juli 2003
I R 48/02
Zinsen
für ein Darlehen, das eine Trägerkörperschaft einem Betrieb
gewerblicher Art gewährt, führen insoweit zu vGA, als die
Darlehensmittel eine unzureichende Eigenkapitalausstattung des Betriebs
ausgleichen. Die dabei als Maßstab zugrundezulegende angemessene
Eigenkapitalquote bestimmt sich im jeweiligen Einzelfall nach der
Kapitalstruktur gleichartiger Unternehmen der Privatwirtschaft im
maßgeblichen Zeitraum (Anschluss an BFH-Urteil vom 1. September 1982
I R 52/78, BFHE 137, 9, BStBl II 1983, 147); ihre Ermittlung obliegt
dem FG.
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Urteil vom 25. Juni 2003
X R 72/98
1.
Zur Frage, ob Aufwendungen für die Errichtung eines betrieblich genutzten
Gebäudes auf einem zivilrechtlich im (Mit-)Eigentum des
Nichtunternehmer-Ehegatten stehenden Grundstück auch bei Ehegatten, die im
gesetzlichen Güterstand leben, zur Annahme von wirtschaftlichem Eigentum
des Unternehmer-Ehegatten
führen.
2. Bei
einer selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus sind die Voraussetzungen für
die weitere Anwendung der Nutzungswertbesteuerung im Rahmen der sog.
großen Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 2
EStG 1987 insoweit nicht mehr gegeben, als ein Ehegatte nach dem
31. Dezember 1986 den Miteigentumsanteil des anderen Ehegatten hinzuerwirbt
und danach nicht mehr beide Eheleute gemeinsam die tatsächliche
Sachherrschaft an der Wohnung ausüben (Anschluss an BFH-Urteil vom
17. Dezember 2002 IX R 11/99, BFH/NV 2003,
748).
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Urteil vom 8. Januar 2003
VII R 11/02
1.
Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst können auch vorliegen, wenn von
demselben Bildwerk eines Künstlers mehrere Nachbildungen von ihm oder unter
seiner Anleitung angefertigt werden. Der Umstand allein, dass Erzeugnisse der
Bildhauerkunst in größerer Anzahl in einem Reproduktionsverfahren von
einem Künstler oder unter seiner Anleitung hergestellt werden, steht noch
nicht der Annahme des Originalcharakters
entgegen.
2. Ob
Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst oder Handelswaren vorliegen, ist
weitgehend eine Frage der tatsächlichen Würdigung, die, falls
verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und denkgesetzlich
möglich, für das Revisionsgericht bindend
ist.
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Urteil vom 9. Juli 2002 IX R
47/99
1.
Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist grundsätzlich
ohne weitere Prüfung von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen
(z.B. BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184,
406, BStBl II 1998, 771). Eine Vermietungstätigkeit ist auf Dauer angelegt,
wenn sie nach den bei Beginn der Vermietung ersichtlichen Umständen keiner
Befristung
unterliegt.
2. Hat
der Steuerpflichtige den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, endgültig
gefasst, gelten die Grundsätze des Urteils in BFHE 184, 406, BStBl II 1998,
771 für die Dauer seiner Vermietungstätigkeit auch dann, wenn er das
bebaute Grundstück später aufgrund eines neu gefassten Entschlusses
veräußert.
3.
Ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz liegt vor, wenn
der Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück innerhalb eines engen
zeitlichen Zusammenhangs --von in der Regel bis zu fünf Jahren-- seit der
Anschaffung oder Herstellung wieder
veräußert.
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Urteil vom 6. November 2001
IX R 97/00
1.
Wird eine Ferienwohnung ausschließlich an wechselnde Feriengäste
vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten, ist nach den
Grundsätzen des BFH-Urteils vom 30. September 1997
IX R 80/94 (BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771) ohne weitere
Prüfung von der Überschusserzielungsabsicht des Steuerpflichtigen
auszugehen. Dabei ist es unerheblich, ob dieser die Ferienwohnung in Eigenregie
vermietet oder mit der Vermietung einen Dritten beauftragt (Anschluss an
BFH-Urteil vom 21. November 2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479, BStBl
II 2001, 705).
2.
Wird eine Ferienwohnung teils selbst genutzt und teils an wechselnde
Feriengäste vermietet, ist die Überschusserzielungsabsicht des
Steuerpflichtigen zu bejahen, wenn sich anhand der für einen
Prognosezeitraum von 30 Jahren geschätzten Einnahmen und Ausgaben ein
Totalüberschuss ergibt. Hat der Steuerpflichtige bereits beim Erwerb einer
Ferienwohnung deren später vorgenommenen Verkauf ernsthaft in Betracht
gezogen, ist der Prognose der kürzere Zeitraum der tatsächlichen
Vermögensnutzung zugrunde zu
legen.
3. Wird eine
Ferienwohnung teils selbst genutzt und teils an wechselnde Feriengäste
vermietet, sind die auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen
entsprechend dem zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen Selbstnutzung
zur tatsächlichen Vermietung aufzuteilen (Änderung der
Rechtsprechung).
4.
Lässt sich der Umfang der --neben einer tatsächlichen Fremdvermietung
gegebenen-- Selbstnutzung nicht feststellen, sind die auf die Leerstandszeiten
entfallenden Aufwendungen zu je 50 v.H. der Selbstnutzung und der
Vermietung
zuzuordnen.
5. Durch
die Vermietung veranlasste kurzfristige Aufenthalte des Steuerpflichtigen in der
Ferienwohnung (z.B. zur Endreinigung, Schlüsselübergabe, Beseitigung
von Schäden) sind keine Selbstnutzung.
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Urteil vom 17. Oktober 2001
I R 103/00
1.
Bei einem Körperschaftsteuerbescheid ist der zu besteuernde
Lebenssachverhalt das in dem betreffenden Jahr bezogene Einkommen, weshalb im
Einspruchsverfahren einzelne Teile des Einkommens dieses Jahres gegeneinander
ausgetauscht werden
können.
2. Ist
eine vGA dem Grunde nach anzunehmen, so ist der Gewinn um die Differenz zwischen
dem tatsächlich vereinbarten Preis und dem Preis zu erhöhen, den
voneinander unabhängige Vertragspartner unter vergleichbaren Umständen
vereinbart hätten
(Fremdvergleichspreis).
3.
Jede Schätzung des FA ist im Klageverfahren voll nachprüfbar. Das FG
kann seine Wahrscheinlichkeitsüberlegungen an die Stelle der des FA setzen,
ohne deshalb die Schätzung des FA als rechtsfehlerhaft einstufen zu
müssen.
4. Das
Akteneinsichtsrecht der Beteiligten erstreckt sich auch auf vom FG beigezogene
"fremde" Steuerakten (Abweichung vom BFH-Urteil vom 18. Dezember 1984
VIII R 195/82, BFHE 142, 558, BStBl II 1986, 226). Ein FG kann jedoch
von der Beiziehung solcher Akten absehen, wenn die Gefahr einer Verletzung von
§ 30 AO 1977 im Falle der Akteneinsichtnahme durch die Beteiligten
besteht.
5. Ein FG
darf die Verwertung der vom FA eingebrachten anonymisierten Daten über
Vergleichsbetriebe nicht schon im Grundsatz
ablehnen.
6. Bei der
Verletzung von Mitwirkungspflichten ist danach zu unterscheiden, ob sich die
Pflicht auf eine Tatbestandsvoraussetzung oder die Rechtsfolge eines
Besteuerungstatbestandes bezieht. Bezieht sie sich auf eine
Tatbestandsvoraussetzung, so löst die Pflichtverletzung eine Reduzierung
des Beweismaßes für die Ermittlung der einzelnen
Tatbestandsvoraussetzung aus. Bezieht sie sich auf eine Rechtsfolge, so
rechtfertigt sie regelmäßig die Schätzung der
Besteuerungsgrundlage.
7.
Verweigert eine inländische Tochtergesellschaft die Auskunft darüber,
wie die mit ihrer ausländischen Muttergesellschaft vereinbarten Preise
zustande gekommen sind, so kann aus der Pflichtverletzung nur gefolgert werden,
dass die vereinbarten Preise durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst
sind. Die vereinbarten Preise können dennoch angemessen sein. Für die
Ermittlung des angemessenen Fremdvergleichspreises trägt das FA die
objektive
Beweislast.
8. Nach
deutschem Steuerrecht bestehen außerhalb der
§§ 140 ff. AO 1977 und der §§ 238 ff.
HGB für vGA keine speziellen Aufzeichnungs- und
Dokumentationspflichten.
9.
Zur Anwendung der sog. Standardmethoden und ihrer Verprobung bei der Ermittlung
des Fremdvergleichspreises einer
Vertriebstochtergesellschaft.
10.
Die Ermittlung des Fremdvergleichspreises kann nicht auf die
Wiederverkaufspreismethode gestützt werden, wenn nur auf die Einkäufe
von drei unverbundenen Produzenten zurückgegriffen werden kann, die
entsprechenden Einkäufe sich nicht auf alle Streitjahre erstrecken und die
Einkünfte nur zu höchstens 5 v.H. des Gesamtumsatzes der
Vertriebsgesellschaft
führen.
11.
Ergibt sich auf der Basis der Preisvergleichs- oder der
Wiederverkaufspreismethode nur eine Bandbreite angemessener
Fremdvergleichspreise, so besteht für die Schätzung eines Mittelwertes
regelmäßig keine Rechtsgrundlage. Die Schätzung muss sich an dem
für den Steuerpflichtigen günstigsten Bandbreitenwert
orientieren.
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Beschluss vom 10. Mai 2001
I S 3/01
1.
Nach deutschem Steuerrecht bestehen für vGA keine speziellen Aufzeichnungs-
oder Dokumentationspflichten. Es bestehen allerdings die allgemeinen
Auskunftspflichten (§ 93, § 200 AO 1977), die Verpflichtung
zur Vorlage von Urkunden (§ 97, § 200 AO 1977) und ggf. auch
die erhöhten Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 AO
1977.
2. Eine
Dokumentation dient lediglich dem Nachweis, dass der Steuerpflichtige sich bei
der Festsetzung seines Verrechnungspreises von Überlegungen leiten
ließ, die auch ein fremder Dritter angestellt hätte. Sie erlaubt nur
in Grenzen den Rückschluss auf die Unangemessenheit des tatsächlich
angesetzten Preises. In keinem Fall dient sie dem Nachweis des angemessenen
Fremdvergleichspreises der Höhe
nach.
3. Eine
inländische Tochtergesellschaft hat regelmäßig keine
Möglichkeit, Kalkulationsunterlagen ihrer ausländischen
Muttergesellschaft zu beschaffen. Die Nichtbeschaffung löst deshalb nicht
die Rechtsfolge des § 90 Abs. 2 AO 1977
aus.
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Urteil vom 27. März 2001
I R 42/99
Bei
der Ermittlung des Zeitwerts eines Gebäudes gemäß § 10
Abs. 1 Satz 1 DMBilG sind auch Wertminderungen wegen
Zurück-
bleibens hinter
dem technischen Fortschritt und wegen sonstiger Umstände zu
berücksichtigen. Die Schätzung des Zeitwerts ein-schließlich der
Wahl der dabei angewendeten Schätzmethode ist dem Bereich der
Tatsachenfeststellung zuzuordnen, die dem Fi-nanzgericht obliegt. Abweichungen
von einer zugrunde gelegten anerkannten Schätzmethode bedürfen
gleichwohl der Begründung.
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Urteil vom 3. August 2000
III R 76/97
1.
Die räumliche Bindung eines begünstigten Wirtschaftsguts an einen
Betrieb (eine Betriebsstätte) im Fördergebiet ist auch bei einer
längerfristigen Überlassung an einen Betrieb eines Dritten im
Fördergebiet gegeben, sofern dieser ebenfalls die
Verbleibensvoraussetzungen erfüllt. Daran fehlt es, wenn der Dritte als
steuerbefreite Körperschaft nicht anspruchsberech-tigt ist.
2. Der sachlichen
Bindung an einen Betrieb (eine Betriebsstät-te) im Fördergebiet steht
eine nur kurzfristige Überlassung an einen nicht Anspruchsberechtigten
nicht entgegen. Kurzfristig in diesem Sinne ist eine Überlassung von bis zu
drei Monaten, beginnend mit der tatsächlichen Gebrauchsüberlassung.
3. Werden
begünstigte Wirtschaftsgüter wiederholt nur formal nicht länger
als drei Monate an einen nicht anspruchsberechtig-ten Dritten überlassen
und stehen sie auch zwischen den einzel-nen Überlassungen dem Dritten
jederzeit zur Verfügung, fehlt es an einem Verbleiben im Betrieb des
Anspruchsberechtigten.
4.
Widersprüchliche Sachverhaltsfeststellungen des FG vermögen dessen
Entscheidung nicht zu tragen.