-
Urteil vom 14. Mai 2009
IV R 27/06
1. Der Steuerpflichtige hat einen Anspruch auf
die im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde stehende
Gewährung einer Steuervergünstigung nach § 3 Abs. 1
ZRFG, wenn die Finanzverwaltung in einschlägigen Verwaltungsanweisungen
eine dahingehende Selbstbindung eingegangen ist.
2. Bei einer Betriebsaufspaltung sind Besitz- und
Betriebsgesellschaft dann betriebsvermögensmäßig miteinander
verbunden, wenn sich die personelle Verflechtung aus der Beteiligung an den
Gesellschaften ergibt und nicht nur auf einem rein tatsächlichen
Herrschaftsverhältnis beruht (Konkretisierung des BFH-Beschlusses vom
26. März 1993 III S 42/92, BFHE 171, 164, BStBl II 1993,
723).
-
Urteil vom 19. März 2009
V R 48/07
1. Eine aufgrund unzutreffenden Steuerausweises
in einer Rechnung gemäß § 14 Abs. 2 UStG entstandene
nicht entrichtete Steuer ist gemäß § 233a AO zu verzinsen.
Die aufgrund des Steuerausweises entstandene Umsatzsteuerschuld besteht bis zur
--ohne Rückwirkung eintretenden-- Berichtigung des Steuerbetrags.
2. Eine rückwirkende Berichtigung
unzutreffend ausgewiesener Steuer widerspricht dem Regelungszweck des
§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1
UStG. Für eine sachliche Unbilligkeit der Verzinsung von derartigen
Umsatzsteuernachforderungen ist deshalb kein Anhaltspunkt ersichtlich.
3. Eine ermessenslenkende Billigkeitsregelung der
Verwaltung, wonach Nachzahlungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen zu
erlassen sind, wenn ein Unternehmer eine unrichtige Endrechnung, die eine
Steuerschuld nach § 14 Abs. 2 UStG auslöst, in einem auf das
Kalenderjahr der ursprünglichen Rechnungserteilung folgenden Kalenderjahr
nach Aufdeckung seines Fehlers sogleich berichtigt hat, bindet die Gerichte
nicht.
4. Ein aus Art. 3 Abs. 1 GG
herzuleitender Anspruch gegenüber einer Behörde auf Fortführung
einer gesetzwidrigen Verwaltungspraxis besteht nicht.
-
Urteil vom 27. Juni 2006
VII R 53/05
1.
Die Aufhebung eines rechtsbeständigen Zinsbescheids, mit dem Zinsen auf
eine zurückgeforderte Ausfuhrerstattung festgesetzt worden sind, richtet
sich nach den Vorschriften des
VwVfG.
2. Erweist
sich wegen einer Änderung der Rechtsprechung zu den
Erstattungsvoraussetzungen die Rückforderung der Ausfuhrerstattung und
damit auch die rechtsbeständige Zinsfestsetzung als rechtswidrig, besteht
mangels nachträglicher Änderung der Rechtslage kein Anspruch auf ein
Wiederaufgreifen des Verfahrens. Die Rücknahme des Zinsbescheids steht in
diesem Fall gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG im Ermessen
der Behörde.
-
Urteil vom 21. Februar
2006 IX R 78/99
Das
FA ist nicht verpflichtet, eine aufgrund der gleich lautenden Ländererlasse
über Steuererklärungsfristen (hier vom 2. Januar 1998, BStBl I
1998, 97) im vereinfachten Verfahren beantragte Fristverlängerung bis zum
28. Februar des übernächsten, auf den Veranlagungszeitraum
folgenden Jahres (ohne eigenes Ermessen) in jedem Falle
auszusprechen.
-
Urteil vom 24. November
2005 V R 37/04
1.
Hat die Verwaltung in Ausfüllung des ihr zustehenden Ermessensspielraums
Richtlinien erlassen, so haben die Gerichte grundsätzlich nur zu
prüfen, ob sich die Behörden an die Richtlinien gehalten haben und ob
die Richtlinien selbst einer sachgerechten Ermessensausübung
entsprechen.
2.
Dabei ist für die Auslegung einer Verwaltungsvorschrift nicht
maßgeblich, wie das FG eine solche Verwaltungsanweisung versteht, sondern
wie die Verwaltung sie verstanden hat und verstanden wissen wollte. Das FG darf
daher Verwaltungsanweisungen nicht selbst auslegen, sondern nur darauf
prüfen, ob die Auslegung durch die Behörde möglich
ist.
-
Urteil vom 16. November
2005 X R 3/04
Ein
Erlass von Nachzahlungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen kommt bei
nachträglicher Zuordnung von Einkünften zu einem anderen
Veranlagungszeitraum nicht in Betracht.
-
Urteil vom 18. August
2005 VI R 32/03
1.
Eine Aufteilung von Sachzuwendungen an Arbeitnehmer in Arbeitslohn und
Zuwendungen im betrieblichen Eigeninteresse ist grundsätzlich möglich,
wenn die Zuwendungen bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls
gemischt veranlasst
sind.
2. Bei
gemischt veranlassten Reisen sind für die Aufteilung zunächst die
Kostenbestandteile der Reise abzutrennen, die sich leicht und eindeutig dem
betriebsfunktionalen Bereich und dem Bereich, der sich als geldwerter Vorteil
darstellt, zuordnen lassen. Die danach verbleibenden Kosten sind
grundsätzlich im Wege sachgerechter Schätzung (§ 162 AO
1977) aufzuteilen. Als Aufteilungsmaßstab ist dabei in der Regel das
Verhältnis der Zeitanteile heranzuziehen, in dem Reise-Bestandteile mit
Vorteilscharakter zu den aus betriebsfunktionalen Gründen
durchgeführten Reise-Bestandteilen
stehen.
3. Der Wert
einer dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber zugewandten Reise kann
grundsätzlich anhand der Kosten geschätzt werden, die der Arbeitgeber
für die Reise aufgewendet hat. Sofern sich ein Beteiligter auf eine
abweichende Wertbestimmung beruft, muss er konkret darlegen, dass eine
Schätzung des üblichen Endpreises am Abgabeort nach den aufgewandten
Kosten dem objektiven Wert der Reise nicht
entspricht.
4. Macht
der Arbeitgeber in schwierigen Fällen, in denen ihm bei Anwendung der
gebotenen Sorgfalt Zweifel über die Rechtslage kommen müssen, von der
Möglichkeit der Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) keinen Gebrauch,
so ist ein auf dieser Unterlassung beruhender Rechtsirrtum grundsätzlich
nicht entschuldbar und steht der Inanspruchnahme des Arbeitgebers im Wege der
Haftung nicht entgegen.
-
Urteil vom 28. Juli 2005 III R 68/04
Erkennt der leibliche Vater eines Kindes in einem Rechtsstreit um die Gewährung eines Kinder- und Haushaltsfreibetrags während des finanzgerichtlichen Verfahrens die Vaterschaft an, nachdem das Kind die Scheinvaterschaft des ehelichen Vaters angefochten hat, hat das FG die zivilrechtlich bis zur Geburt zurückwirkende Vaterschaft bei der Entscheidung über die angefochtenen Einkommensteuerbescheide zu berücksichtigen und die kindbedingten Steuervorteile zu gewähren.
-
Urteil vom 20. Juli
2004 VII R 20/02
1.
Sind mehrere Personen als Gesamtschuldner zur Erfüllung einer Zollschuld
verpflichtet, liegt die Entscheidung, gegen welchen Gesamtschuldner die Abgaben
festgesetzt werden, im pflichtgemäßen Ermessen des
HZA.
2. Das HZA
trifft auch dann eine im pflichtgemäßen Ermessen liegende
Auswahlentscheidung, wenn es die Abgaben gegen sämtliche in Betracht
kommenden Gesamtschuldner
festsetzt.
3. Die
vom HZA getroffene Auswahlentscheidung ist spätestens in der
Einspruchsentscheidung zu begründen. Hat sich einer der in Anspruch
genommenen Gesamtschuldner einer vorsätzlichen Steuerstraftat schuldig
gemacht, der andere hingegen nicht, kann von einer Begründung, warum auch
dieser als Abgabenschuldner neben dem Steuerstraftäter herangezogen wird,
nicht abgesehen werden.
-
Urteil vom 21. Januar
2004 XI R 3/03
1.
Der Tatbestand der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist erfüllt, wenn der
Gehilfe dem Haupttäter, der sog. Schwarzgeschäfte tätigt, die Tat
dadurch erleichtert, dass dieser annehmen kann, auch in der Buchführung des
Gehilfen nicht in Erscheinung zu
treten.
2. Bei einer
vorsätzlichen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist die Inanspruchnahme des
Gehilfen als Haftungsschuldner auch ohne nähere Darlegung der
Ermessenserwägungen als ermessensgerecht nach § 102 FGO
anzusehen; die Vorprägung der Ermessensentscheidung durch die Teilnahme an
der Steuerhinterziehung ist nicht nur für die Inanspruchnahme dem Grunde
nach, sondern auch für die Inanspruchnahme der Höhe nach
gegeben.
-
Urteil vom 23. Oktober
2003 V R 2/02
Ein
Erlass von Nachzahlungszinsen aus sachlichen Gründen kommt nicht in
Betracht, wenn die Zinsforderung darauf beruht, dass der Steuerpflichtige
nachträglich --aber vor dem 31. Dezember 1995-- auf die Steuerfreiheit
eines Umsatzes verzichtet hat.
-
Urteil vom 29. Januar 2003 XI
R 82/00
Das
FA ist nicht verpflichtet, aufgrund der gleichlautenden Erlasse der obersten
Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen (hier
vom 4. Januar 1999, BStBl I 1999, 152) einem Steuerberater die Frist zur Abgabe
der eigenen Steuererklärung zu
verlängern.
-
Urteil vom 19. Juni 2001
X R 83/98
Bearbeitet
das FA eine verspätet abgegebene Steuererklärung nicht alsbald nach
Eingang, ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlags jedenfalls dann
nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Verspätung nicht nur geringfügig
war und die Veranlagung innerhalb einer angemessenen Zeit (hier: 71 Tage)
nach Eingang der Erklärung abschließend gezeichnet worden
ist.